Drei Jahre Wahnsinn!

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Dafür raffe ich meine müden Knochen auf und versuche, die Worte zu finden, die diese Zeit verdient hat: Maritz ist DREI Jahre alt geworden. Das sind sechsunddreißig Monate. Ist das zu glauben? Ich erinnere mich noch an diesen einen Tag im Winter 2013: nach mehrern Zyklen GvnP wird klar, dass wir so nicht viel weiter kommen werden. Wir waren nicht verheiratet, und ich war sowieso noch zu jung für die Krankenkasse. Meine kleine Welt ist erstmal über mir zusammen gebrochen. Wir haben noch am gleichen Tag wichtige Entscheidungen getroffen, im April habe ich die magische Altersgrenze von 25 Jahren erreicht, im Mai wurde geheiratet. Dann ging es in den Urlaub und danach waren wir nicht mehr zu stoppen: Erste ICSI, zweite ICSI, erste Kryo, zweite Kryo. Zwei Abgänge, zweimal negativ. Viele Tränen, viel Kampfgeist. Dann der Klinikwechsel – dritte ICSI – POSITIV!! Unser Wundermaritz war auf dem Weg. Ein holpriger Start mit vielen Ängsten, eine wunderschöne Schwangerschaft, die zu früh endete. Am 22.12.14 war er da, bei uns, in unseren Armen, unser Baby. Etwas, das für mich bis heute unbegreiflich ist.

Seit dem sind drei chaotische Jahre vergangen. Ich meine, wow, genau so lange dauerte unser Kinderwunsch-Weg. Und der fühlte sich viel, viel länger an. Aus dem kleinen, keine drei Kilo leichten Baby, ist ein laufender Meter geworden, der den Mund nicht halten kann. Wenn er nicht redet, und das kann er nach wie vor wahnsinnig gut, dann singt er. Wenn er nicht redet und nicht singt, dann heult und tobt er. Ja, er tobt oft zur Zeit, schläft schlecht und raubt mir gemeinsam mit seinem teuflischen Bruder die Nerven. In den letzten vier Nächten, in denen mein Mann Nachtdienst hatte (es folgen noch drei!), komme ich auf insgesamt maximal 12 Stunden schlaf. Aber das ist ein anderes, katastrophales Thema – vielleicht führe ich das bei Zeiten mal genauer aus. Zurück zu Maritz – er hat motorisch aufgeholt. Er rennt, er hüpft, er hoppst, er fährt Laufrad wie der Wind, er tobt und klettert. Alles weniger ausdauernd als seine Altersgenossen, aber man kann ja nicht alles können. Vielleicht wird er mal Politiker – die reden doch auch gerne und viel. Er ist verflucht schlau und aufmerksam, sensibel und kuschelbedürftig, frech und wild und wunderbar. Eine Feuerwehr von playmobil hat er sich zu seinem Geburtstag gewünscht. Ein HALBES JAHR hat er geduldig auf den Tag der Tage gewartet. Es hat fast ein Jahr gedauert bis er in der KiTa so richtig richtig angekommen ist – eigentlich so lange, bis er von der Krippe in die Kindergartengruppe gewechselt ist – das war im August. Ganz langsam begreift er, dass Papa immer eine Woche so, eine so, eine so … arbeitet. Wenn Spätschicht-Woche ist, tut er sich trotzdem noch schwer. Er liebt seinen Papa! Ich auch. In diesem Sinne: Alles Gute zum DRITTEN Geburtstag, mein Schatz. Du hast mich zur Mama gemacht, unser Leben auf den Kopf gestellt, bist mir mit das wichtigste auf der Welt. Eine Liebe, die nie endet!

Und wenn wir schon bei Liebe sind, kommen wir zu einer etwas komplizierteren Liebesgeschichte: dem kleinen Bruder. Dass er uns alles abverlangt, laut und wild ist, ist ja nichts neues. Aber uff, er schafft mich. Er schafft uns. Uns alle drei. Manchmal denke ich, er ist der Teufel in Menschengestalt. Ein wirklich hübscher Teufel. Ich liebe den kleinen Teufel, sehr sogar, aber manchmal frage ich mich, was seine Mission ist. Wenn ihm was nicht passt, und wow – ihm passt VIELES nicht. Dann schreit er, und zwar so lange, bis er bekommt was er will. Dass das nicht immer geht, ist ein Problem – es wird viel geschrien. Sehr viel. Er hat inzwischen sechszehn Zähne, die unser Schlafdefizit beachtlich vergrößert haben. Vor zwei Wochen hat er entschieden, dass die motorisierte Nonomo ihm nicht mehr gefällt. Seit dem schläft er tatsächlich im Bett. Nicht immer in seinem – aber er wippt nicht! Dann fing er wieder mit der Zahnerei an, und das bringt – wie immer schon – etliche durchzechte Nächte mit sich. Leider auch für Maritz, was mich besonders wurmt. Aber naja, er könnte einfach in seinem Bett bleiben, dann würde er nicht immer stundenlang neben uns sitzen und müde aus der Wäsche schauen … Das Wunderbaby ist jedenfalls jetzt 17 Monate alt. Fast einskommafünf JAHRE. Ich habe nie zuvor so wenig geschlafen, meine Nerven waren nie dünner, ich musste mich nie zuvor so oft darauf besinnen ruhig zu bleiben, und noch nie hat mich ein so kleiner Mensch so an meinen Grenzen gebracht – und er hat immerhin einen großen Bruder. Mit dem er streitet. Und streitet. Sie schubsen, hauen, kratzen sich. Und sie lieben sich. Und sie finden sich blöd. Und sie lachen zusammen, und sie weinen. Und sie sind eines immer: LAUT. Seit das Wunderbaby da ist, stellt sich ab einer gewissen Tonhöhe (nur bei SEINER Stimme) ein Rauschen in meinen Ohren ein. Ich habe den Kitastart herbeigesehnt, und hatte gehofft es würde alles ganz einfach werden, ich könnte mich etwas erholen und den Kindern dadurch wieder mit mehr Ruhe und Gelassenheit begegnen. Besonders dem Kleinen. Die Eingewöhnung war ein Totalausfall, er hat nur geheult obwohl ich dabei war. Eines Tages ging es dann, und somit ging auch ich das erste mal weg. Nach zweieinhalb Wochen. Das war vor vier Wochen. Heute war der erste Kita-Tag seit dem 21.12.2017 und er war empört. Wie kann ich ihn nur an so einen schlimmen Ort bringen? 😉 – ich bin sicher er hat sich sofort gefangen als ich nicht mehr in Sichtweite war. Mir fällt es schon schwer, ihn tobend dort zurück zu lassen, aber: ich kann nicht mehr. Ich kann ihn nicht mehr 24/7 betreuen. Wer das unerhört findet, darf einfach nicht weiterlesen… Ich möchte dieses Jahr wieder arbeiten, und im Moment würde ich das nicht schaffen. Ich erhoffe mir wieder etwas auf die Beine zu kommen bis dahin. Um mal von seinen guten Seiten zu sprechen: Er lacht SO viel, aus tiefstem Herzen, mit dem ganzen Gesicht. Er fängt langsam das sprechen an, manche Worte klingen zuckersüß. Wenn er Durst hat ertönt es stets: Gingken! Gingken! Wenn er etwas besonders toll findet sagt er: Mojal! Mojal. Und wir spielen es nochmal. Er flirtet wie ein großer, ist everybodys Darling, alle die ihn treffen sind verzückt, und wundern sich vermutlich weshalb meine Augen so rot sind wie Lucifers. Er kann laufen seit er 14,5 Monate ist und hat wahnsinnige O-Beine – jeder fragt, was wir da machen. Außer jene, die sich auskennen. Er kann rennen, toben, klettern (er bringt sich alle zwei Minuten in Lebensgefahr!), Treppen steigen. Er würde gerne fliegen und hüpfen – an letzterem lässt sich was machen. Er ist ein richtiges Draußenkind, schleppt ständig seine Schuhe an. Wenn wir draußen sind, ist er zufrieden, ausgeglichen und wirklich eine Wonne. Bis wir wieder rein wollen … Er spielt mit allem gerne, mit dem der große Bruder spielt. Umgekehrt genauso. Die beiden sind wirklich richtige Streithähne, und ich warte auf den Tag, an dem das irgendwie besser wird. Aber ob es den überhaupt gibt?

Es gibt sicher noch viel zu erzählen, aber zum einen liest es vermutlich dann keiner mehr und zum anderen fallen mir die Augen zu – um 10.15 Uhr. Und ich werde jetzt einfach schlafen. Mein Herz ist randvoll mit Liebe und Dankbarkeit. Aber ich bin müde.

Danke 2017, für alles was du uns gegeben hast. Danke, dass du uns nichts genommen hast. Ein frohes, gesundes neues Jahr euch allen die ihr hier noch übrig geblieben seid. Mögen all eure Herzenswünsche sich erfüllen, viele Babies endlich den Weg zu ihren Eltern finden, und die, die schon da sind stets gesund und glücklich sein. Und vergesst euch selbst dabei nicht! Bis ganz bald.

 

 

 

Fast ein Jahr.

So lange ist das Wunderbaby nun schon bei uns. Wenn ich überlege, dass ich, als Maritz in diesem Alter war, schon wieder schwanger war, wird mir fast ein bisschen schwindelig. „Damals“ war das irgendwie okay, ich war nicht halb so müde und kaputt wie jetzt, und außerdem war der Kinderwunsch ja sowieso noch nicht abgeschlossen. Aber jetzt, jetzt haben wir fertig. Man soll ja niemals nie sagen, aber im Moment … Nun gut, lassen wird das, man weiss ja nie was das Leben so bringt.

Wo bin ich nur all die Zeit gewesen? Über ein halbes Jahr habe ich nichts mehr von uns hören lassen – bitte verzeiht. Tja, wo bin ich nur gewesen …

Das Jahr 2017 fing ganz nett an, beide Kinder haben trotz Lärm weitergeschlafen und da jedes Jahr auch einen Frühling und einen Sommer bereit hält, waren wir ganz guter Dinge dass die Sache mit den ewigen Krankheiten in ein paar Monaten ein Ende haben würde. Das war auch so, aber vorher wurden wir noch mit Magen-Darm, Harnwegsinfekt, Mittelohrentzündung im Doppelpack (kein Spaß!!!), Bronchitiden und einigen langwirigen Erkältungen beschenkt. Nagut, so ist das halt – wenn Maritz in ein paar Wochen von der Krippe in den Kindergarten wechselt lernen wir dann nochmal ganz neue Gegner kennen. Ende Mai wurde es dann besser, und gerade heute hing das Schild, dass manchmal die Welt bedeutet, seither zum ersten Mal wieder an der KiTa-Türe: Hand-Mund-Fuß gibt es im Angebot. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob wir mitmachen. Haha.

Genug Krankheit – mehr Gesundheit: Den Jungs geht es prima. Maritz ist ein richtig großer Junge geworden – nicht dass er jemals klein gewesen wäre, aber mit seinem knappen Meter ist er jetzt wirklich irgendwie groß. Und nicht nur die Zentimeter machen ihn so groß – sondern sein ganzes Wesen. Die Dinge, die er erzählt. Die Lieder, die er singt. Er liebt es zu singen! Sein lachen, seine Art seinen Unmut zu äußern (da sind 2-Jährige, oder zu mindest unserer, irgendwie echt nicht witzig), seine Umarmungen … alles ist irgendwie groß geworden. Er übt hüpfen, langsam klappt es sogar, und macht seine ersten Purzelbäume. Man merkt noch immer, dass er ein hypotones Kind ist, aber er schlägt sich gut, hat Freude an Bewegung, turnt, klettert, tanzt, fährt gerne mit dem Laufrad – auch wenn es ihm bei allem an Kraft/Ausdauer mangelt – und alles weitere wird sich fügen. Er spricht wunderbar, aber das ist ja schon immer sein Ding. Er liebt seinen kleinen Bruder. Meistens. Aber selbst wenn er es gut meint, kann er seine Kraft und seine Zuneigung noch nicht gut dosieren.

Und das Wunderbaby? Das schaut zu seinem großen Bruder auf, niemand bringt ihn so zum lachen wie er. Er tobt mit ihm, kreischt mit ihm, will immer mit „spielen“ (armer Maritz …) und ist immer mittendrin statt nur dabei. Er isst meistens nur dann etwas Neues/Unbekanntes, wenn sein Bruder es auch isst. Er krabbelt wie der Wind, sitzt, klettert und steht, liebt Sand und Wasser (ganz anders als Maritz. Das war eine echt schwierige Kombi als wir neulich im Urlaub am Meer waren ;-)) und ist eigentlich immer in Bewegung. Er spricht außer viel Gebrabbel noch nichts, außer Mama und Da! und irgendwas, was sich wie „Licht“ anhört – aber das muss er auch nicht. Nachdem er seinen ersten Zahn im zarten Alter von vier Monaten bekam, und kurz darauf schon acht Zähne hatte … ging es nicht mehr weiter. Seit zweikommafünf Monaten schlägt er sich mit mindestens vier Zähnen herum, und ich habe langsam echt genug. Aber nun gut, sie wollen einfach nicht so richtig rauskommen, lungern nur frech da rum und quälen uns alle. Denn wenn dem Wunderbaby was nicht passt, dann passt ihm was nicht. Dann ist er laut. Sehr laut. Und schlaflos. Und mit ihm das ganze Haus. Hatte ich schon erwähnt wie MÜDE wir sind?

Müde. Und glücklich! Haltet weiter die Stellung, ich verschwinde ja ständig in der Versenkung. Bis bald!

 

Kann das weg?

Ist hier noch irgend jemand? Hier ist ja (schon wieder) ewig nichts passiert, schämen sollte ich mich. Es hagelt ja jetzt überall Jahresrückblicke, und ich dachte mir, es wäre mal an der Zeit wieder von uns hören zu lassen. In aller Kürze: 2016 kann dann jetzt weg. Tschüss. Auf wiedersehen. Aber lest selbst …

Die gute Nachricht zu erst: wir leben alle noch. Und jetzt kommt der ganze große Rest… Kurz nach dem ich verheißungsvoll verkündete, dass ich wieder am Leben bin, startete das Wunderbaby in seinen ersten Krankenhausaufenthalt. Wir haben relativ harmlos angefangen, nämlich mit einem krankhaften Reflux – das Wunderbaby hatte furchtbares Sodbrennen – und so kam es, dass nach diesem Aufenhalt alles besser wurde. Er bekam etwas gegen die Schmerzen und stellte das Schreien nahezu gänzlich ein. Uns allen ging es von da an wunderbar, auch Maritz wurde wieder etwas ausgeglichener. Und dann, nur zwei Wochen später, erhöhten wir den Schwierigkeitsgrad schon mal ein wenig: Maritz brachte Fieber, Husten, Schnupfen und eine Bindehautentzündung mit nach Hause. Das Wunderbaby bediente sich, optimierte das Ganze etwas, und landete im Alter von 2,5 Monaten mit einer schweren Bronchitis für eine weitere Woche im Krankenhaus. Und das Übel nahm seinen Lauf … leider erholte sich die kleine Lunge nie ganz davon. Unser Wurm giemt und pfeift seither fürchterlich und strengt sich hör- und sichtbar beim atmen an. Er gedeiht jedoch wunderbar (er befindet sich nach wie vor wirklich jenseits jeglicher Perzentilen …), und es schien ihm trotz der Atemproblematik ganz gut zu gehen. Wir tingelten wenig erfreut von Arzt zu Arzt, schraubten an der Medikation rum, und hofften es würde vorüber gehen. Nach ca. drei Wochen mit Salbutamol und Cortison bildeten wir uns eine leichte Besserung ein, und dann kam, was kommen musste: der nächste Infekt stand ins Haus …

… Maritz ging es ganz grausig. Er fing an wie verrückt zu husten, dann bekam er hohes Fieber, fing an zu giemen und pfeifen, weinte viel und fand keine Ruhe, auch dann nicht, wenn das Fieber gesenkt wurde. Wir waren schon etwas nervös, aber plötzlich ging es wieder bergauf. Das mulmige Gefühl, dass sich das Wunderbaby wohlmöglich anstecken könnte, machte uns zu schaffen. Nicht unbegründet. Kurz darauf fing das kleine große Bündel an zu husten, zu schniefen und zu jammern. Pfeifen und giemen tat er ja sowieso. Und dann, am Abend des 21. Dezembers und damit wenige Stunden vor Maritz‘ Geburtstag, war sein Zustand nicht mehr tragbar. Er hatte Atemaussetzer, die sich gewaschen hatten, presste, giemte, pfiff, jammerte und wimmerte, war kaum wach zu bekommen und stellte das trinken ein. Wir waren doch am Vormittag noch beim Arzt! Wir fackelten nicht lange und packten in Windeseile eine Tasche, uns war klar, dass er nicht nach Hause dürfte. Nicht mehr an diesem Abend. Und dann der worst case für seine angeschlagenen Atemwege: RSV. Das war dann wohl der Endgegner – im ersten Level jedenfalls. Nach sechs langen Tagen Krankenhaus-Quarantäne, und das alles über Maritz‘ Geburtstag und Weihnachten, kam das Wunderbaby wieder nach Hause. Natürlich ist er noch lange nicht gesund, RSV ist eine wirklich fiese, gemeine, gruselige, langwierige Sache, er hustet und schnupft ganz schlimm, und dem giemen & pfeifen widmen wir uns dann 2017 wieder (geplant war eine Bronchoskopie und wasweissich, aber mal sehen, lassen wir ihn erstmal gesund werden. Oder versuchen es zu mindest.). Nur einige Stunden nach der Rückkehr, holte ich Maritz mit fast 40 Fieber aus dem Bett – ich muss nicht erwähnen, dass mir der Ar*** wirklich auf Grundeis ging. Zum Glück (ja, das ist gemein, ich weiss!!) ist es „nur“ eine Blasenentzündung. Die nächste Erkältung kommt bestimmt – keine Frage, und die erste erkältete Person war leider schon hier – aber ich hoffe inständig, dass es nicht morgen ist. Und nicht übermorgen. Und wenn sie kommt, müssen wir alle ein bisschen hoffen, dass das Wunderbaby es irgendwie einigermaßen verkraftet. Ich bin wirklich erschöpft, wenn ich in einer Nacht insgesamt fünf Stunden Schlaf bekomme – am Stück ist daran sowieso nicht zu denken – ist das viel. Aber bisher schaffe ich es jeden Morgen, wieder aufzustehen. Und vor allem auch die schönen Momente zu sehen, die jeder Tag für uns bereit hält.

Ich bin in erster Linie dankbar – 2016 hat uns eine neue Wohnung gebracht, sehr viele schöne Momente bereit gehalten und uns unseren zweiten Sohn geschenkt. Seine Geburt war wunderbar, ein tolles Erlebnis, das mich mit vielem versöhnt hat. Unser Goldjunge Maritz ist auf die Beine gekommen, er ist zu einem äußerst sprachgewandten, liebenswerten, anstrengenden, zuckersüßen und quirligem, lauten Kleinkind geworden und wir sind unglaublich stolz auf ihn und glücklich ihn zu haben. Unser kleines Wunderbaby hat alles schwer ins wanken gebracht, die ersten Monate seines Lebens waren wirklich anstrengend, laut und von Verzweiflung geprägt. ABER – abgesehen von dieser kräftezehrenden Krankengeschichte – inzwischen ist er ein ganz liebes, fröhliches und genügsames Baby geworden. Er hat ganz früh angefangen aus vollem Herzen zu lachen und tut das mit Begeisterung, selbst unter gemeinen Umständen, und ich könnte verliebter nicht sein. Trotzdem: ich habe genug. 2016, vielen Dank für alles, was du uns gebracht hast – aber nun, nun darfst du gehen. Ich hoffe, das kommende Jahr hält schlichtweg weniger Krankenhausgeruch und weniger Sorgen um die Gesundheit der Kinder für uns bereit. Mehr brauch ich gar nicht, schätze ich. Ich bin sehr glücklich mit meinen drei Männern, und hoffe, 2017 ein wenig öfter dazu zu kommen, in die Tasten zu hauen… Wenn ihr denn mögt? Es muss sich ja schon ein wenig lohnen … ;-).

Euch allen einen guten Rutsch in ein spannendes, gesundes Jahr 2017!

Wieder am Leben

(…) Ich bin wieder am Leben
Zeit neue Wege zu geh’n
Ich hab soviel zu geben
Trag in mir Kraft für zehn
Ich bin wieder am Leben (…)

Wir haben September, die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, und ich habe Zeit ein paar Zeilen zu tippen. Aus dem Babyphone ertönt das Geräusch der sanft wippenden Nonomo. Wie ist es uns ergangen, seit ich den Weltuntergang hier verkündet habe? Zugegeben, es war eine schwere Zeit. Ich scheine für den Baby-Blues erschreckend empfänglich, bei beiden Jungs wurde mir schnell alles zuviel, ich habe gezweifelt und hatte auf dieses neue Leben einfach so überhaupt gar keine Lust – oft habe ich überlegt, einfach beide wieder im Krankenhaus abzugeben. Natürlich nicht ernsthaft, aber allein der Gedanke …Ich wollte raus, wollte das alles gleich bitte danke so funktioniert wie ich mir das vorstelle – dass das nicht klappt, war wieder einmal eine bittere Erkenntnis. Das Hormon-Chaos hat sich nur langsam gelegt, aber jetzt ist es besiegt – jeder große Sturm zieht mal vorüber.

Mein Mann hatte noch eine lange Zeit frei. Das war gut. Und schlecht. Gut, weil wir so erstmal ankommen konnten, und weil das kleine Wunderbaby schrie. Und schrie. Und schrie. Meine Nerven haben das nur schwerlich mitgemacht, ich war wirklich kurz davor mich ans Jugendamt zu wenden zwecks Familienhilfe oder an die Kinderärztin zwecks Haushaltshilfe. Aber jeden Abend, wenn alles schlief, habe ich einfach versucht die Uhr wieder auf null zu stellen. Und irgendwie haben wir überlebt, ich weiss nicht genau wie, aber wir leben noch. Schlecht war es, weil mir immer mehr die Vorstellung davon abhanden kam, wie ich das jemals alleine schaffen soll. Und die Panik wuchs. Unaufhörlich. Aber wie sagt man so schön? Wenns muss, dann klappt das auch.

In den ersten Lebenswochen war mit dem Wunderbaby wirklich nicht gut Kirschen essen. Man konnte ihn weder ablegen, noch Auto fahren, noch spazieren gehen, noch sonst irgendetwas. Im Laufe der Zeit habe ich mir ein Herz gefasst und gelernt, wie man ein Tragetuch bindet – und, ohne mich selbst loben zu wollen, es hat von Anfang an sehr gut funktioniert und inzwischen fühle ich mich wie ein Profi. Zugegeben, ich musste mich echt am Riemen reißen und meine Ungeduld überlisten. Aber dann wurde alles besser. Das Wunderbaby schlief im Tuch. Und schlief. Und schlief. Morgens wurde er dort rein gepackt, und Abends wieder raus (nagut, mit ein paar nörgelige, motzigen Trink- und Wachphasen dazwischen). Wir fuhren Auto und haben einfach versucht über das schreiende Rückbankduett zu lachen. Hat mal mehr, mal weniger gut funktioniert. Abends kümmerte ich mich um Maritz, mein Mann nahm sich dem schreienden Wunderbaby an. Eine ganze Zeit lang schliefen wir getrennt. Ich konnte und wollte mich nicht um das Wunderbaby kümmern. Dem Himmel sei Dank hat der Papa das übernommen und souverän gemeistert. Wer sich an dieser Stelle fragt, wie der Papa denn stillen kann: auch der kleine Bruder wird nicht gestillt – alle Versuche das hinzubekommen scheiterten. Gott sei Dank habe ich mich damit aber nicht weiter belastet, sonst wäre ich bestimmt wirklich und ehrlich verrückt geworden.

Maritz hat die Ankunft seines kleinen Bruders für sein Alter wirklich gut weggesteckt. Natürlich ist er eifersüchtig, natürlich haut er auch mal nach dem nervigen, schreienden Baby. Aber oft fragt er auch, wo denn der (Name des Wunderbabys) ist, möchte ihn streicheln und küssen und halten, und hilft von seinem Lernturm aus beim wickeln und waschen. Ich bin wirklich stolz auf ihn, mein großer, kleiner Junge. Aber die viele Tragerei ging uns beiden an die Nieren. Manch einer versuchte mir zu erklären wie wunderbar flexibel ich doch so bin. Stimmt nicht. Denn das Wunderbaby wurde von jedem Pieps wach. Ich lief einfach nur herum, konnte kein bisschen mit Maritz spielen und mir taten schon die Füße weh. Einige Tränen habe ich geweint, weil ich meinen großen Jungen so furchtbar vermisst habe, obwohl er ja da war.

Ich schreibe in der Vergangenheit – weil sich vor zwei Tagen etwas grundlegend geändert hat (hoffentlich ist es nicht dumm von mir, dass so überschwänglich zu erzählen, aber für den Moment ist es so und ich hoffe es funktioniert noch lange): das Wunderbaby schläft ohne Mama. Ohne Tuch. In der Nonomo. Nein, natürlich nicht einfach so. Eines schönen (haha) Morgens, nachdem ich die halbe Nacht mit dem Wunderbaby durchgemacht habe, habe ich ihn in die Nonomo gelegt. Und gewippt. Und gewippt. 1,5 ewig lange Stunden. Meine Arme wurden lang und müde. Und dann wachte Maritz auf und sie wurden benötigt. Kaum hörte ich das Wippen auf, wurde das Baby wach. Wild entschlossen mietete ich eine automatische Feder von Swing2Sleep – und machte mir wenig Hoffnung. Ich schaltete also das Gerät ein, und … die Augen wurden immer kleiner, bis er schlussendlich einfach einschlief. Und stundenlang nicht wach wurde. Bisher hat es für jeden Schlaf funktioniert, und ich habe wieder beide Hände frei. Und muss meinen Großen nicht mehr vermissen. (Notiz an mich aus aktuellem Anlass: die Klingel ist zu laut. Neue kaufen.)

Natürlich schreit das Wunderbaby immer noch gerne. Und nicht wenig, vor allem ab 16 Uhr ist wirklich nichts mehr daran zu ändern. Aber man lernt, damit umzugehen. Auch wenn wir uns nichts mehr wünschen, als dass die vielen Schreistunden vorbei gehen. Und dass wir alle wieder gesund werden. Seit zwei Wochen sind wir nämlich alle krank, und vor allem der ganz Kleine leidet darunter. Abgesehen davon wachsen wir aber so langsam alle in unsere neue Rolle herein. Wir als Zweifach-Eltern, Maritz als großer Bruder und das Wunderbaby als kleiner. Eine vierköpfige Familie. Wow!

 

 

 

Hurra, Hurra wir leben noch!

Isses denn zu fassen? Noch ein Tag trennt mich von der vorübergehenden Erlösung. Dann hat der Papa nämlich nochmal drei wunderbare Wochen Urlaub. An das danach denke ich mal ganz bewusst nicht! Ich hatte ja so die leise Hoffnung, dass ich die fünf Tage ohne Papa rückblickend gar nicht so schlimm finden würde .. Naja, sie wurde jäh zerstört. 

Die gute Nachricht ist: wir leben alle noch. Aber die beiden Jungs sind – abgesehen davon, dass sie beide auf ihre Art und Weise wunderbar und herausfordernd sind – einfach nicht kompatibel. Ein winziger Säugling und ein Kleinkind haben so viel gemeinsam wie mein Bauch und der von Heidi Klum drei Wochen nach Geburt. Ein Säugling entschleunigt ungemein. Eigentlich wäre es am besten, sich einfach nach dem kleinen Menschlein zu richten und in den Tag zu leben. Ein Kleinkind ist dagegen ein schwindelerregender Alltagsbeschleuniger. Höher, schneller, weiter. Wie bekommt man also diese Gegensätze unter einen Hut? Hm, keinen blassen Schimmer. Meine einzige Mission war, beide Kinder und mich alltagstauglich zu machen und Maritz in der KiTa abzuliefern, möglichst innerhalb der Bringzeit. Und ich habs geschafft! Vom Wochenende mag ich nicht anfangen… Das war wirklich chaotisch. Vor allem der Sonntag – da arbeitet Papa zwölf lange Stunden und das Unmögliche musste irgendwie möglich gemacht werden … Das Wunderbaby hält es mit dem schlafen nämlich so: nur auf Mamas/Papas Arm oder in der Trage/dem Tragetuch. Mit der Schreierei nimmt er es auch sehr genau, ABER die Schreiberatung hat in sofern geholfen, als dass wir ihn nun deutlich leichter und schneller beruhigt bekommen. Halleluja, es kann WIRKLICH nur besser werden. Dachte ich. Bis heute morgen. Das lief nämlich so .. 

4:45 Uhr – das Wunderbaby ist wieder einigermaßen satt (länger als 3 Stunden hält er Nachts nicht aus, eher kürzer).

4:50 Uhr – Maritz dreht irgendwie durch, schreit nach Milch (ich wusste es, er hat keinen Happen zu Abend gegessen!) und entscheidet dann: aufstehen wäre cool. Da Mama das nicht möchte schreit er noch etwas lauter. Ich schwitze – hab Angst, dass er das Wunderbaby weckt … Hab aber auch Angst, dass er nicht mehr schläft und in der KiTa einen Unfall nach dem anderen baut, weil er sich nicht auf den Beinen halten kann.

6:15 Uhr – mehrere Bücher und gesungene Lieder später: ich konnte Maritz nochmal überzeugen zu schlafen. Hat ja gar nicht lang gedauert …

6:45 Uhr – das Wunderbaby ist halb verhungert und verlangt Frühstück.

7:00 Uhr – Mama!! Austehen! – Maritz erwacht. Das Wunderbaby schreit, die doofe Luft hängt quer. Chaos bricht aus .. 

Irgendwie schaffe ich es trotzdem zur KiTa und komme nass geschwitzt und nass vom Regen mit dem Wunderbaby wieder heim. Nach einer Stunde in der Trage lege ich ihn todesmutig in den Laufstall und werde mit offenen, wenig amüsierten Augen bestraft… Also legen wir uns auf die Couch und er schlummert selig 4,5 Stunden auf meinem Bauch. Meine Blase platzt, mein Poppes schläft. Egal. Hauptsache er kann schlafen. Und ich mal nur seinen Duft einatmen und mich um nichts anderes kümmern. Seltene Momente. 

Ich versuche also weiter, das Rätsel allein zu Haus mit zwei unter zwei zu lösen … Wenn jemand die Lösung könnt: ich höre genauestens zu. Idealerweise noch Schichtarbeiter-tauglich. Also auch Lösungen für das Procedere am Abend. Und Nachts. Wenn ihr, wie ich, keine Idee habt, nehme ich auch eine Tüte Mitleid. Oder Anerkennung. Oder Lob. Oder Hilfe. Oder aufbauende Worte. Oder … Ja, wir sind selbst schuld, ich weiß. Aber ich freue mich auf den Moment in dem ich meine beiden Jungs anschaue und denke:

Alles richtig gemacht. 

Machts gut, ihr Mamas, Papas, Kinderwünschler. Schön, dass ihr noch da seid.

PS: beide Kinder schlafen, ich hau mich aufs Ohr, wenn ich die fünf Kilo Haribo hier aufgegessen habe. Und das Popcorn. 

Driving home for Christmas …

Nein, ganz bekloppt bin ich (noch) nicht, aber ich wünschte wir hätten schon Weihnachten. Das Wunderbaby wird morgen drei Wochen jung, und hat uns schon mehr abverlangt als Maritz in 18 Monaten. Und das war schon nicht gerade wenig! Denn er schreit, stundenlang, quasi in Dauerschleife und sollte er mal kurz Luft holen: Repeat! Maritz stellt schon richtig fest: „immer weinen!“. 

Ja, immer weinen. So haben wir uns das natürlich überhaupt nicht vorgestellt. Die Momente in denen ich denke „wow, haben wir ein Glück! Zwei gesunde Kinder“ werden immer seltener. Statt dessen denke ich oft, ich habe klein Maritz etwas ganz furchtbares angetan. Ich vermisse unsere Exklusivzeit ganz fruchtbar, vermisse meinen kleinen Jungen, und die Sorge, dass er mich vielleicht genauso vermissen könnte, bringt mich um den Verstand. Ich kann weder dem schreienden Wunderbaby, noch dem die Welt entdeckenden Maritz gerecht werden. Und das fühlt sich gar fürchterlich an. Und nicht richtig. Ich dachte, es wird sich alles so richtig, so komplett und erfüllend anfühlen. Wer hatte mir da nur wieder die rosarote Brille aufgesetzt? Natürlich möchte ich ihn nicht mehr hergeben, er ist mein Kind, und ich liebe ihn. Aber die Bindung ist noch viel zerbrechlicher, viel zarter als bei Maritz in dem Alter. Nicht verwunderlich, denn das was ich in den kurzen Zeiten in denen er auf meinem Arm schläft an Liebe aufsage, verliert sich spätestens abends wieder in Erschöpfung und Traurigkeit. 

Mein Mann ist noch drei Tage zu Hause. Und dann, was dann? Wie soll der Alltag funktionieren? Es ist schon schwierig genug, die völlig unterschiedlichen Bedürfnisse eines winzigen Säuglings und eines wirbeligen Kleinkinds unter einen Hut zu bekommen. Aber wie funktioniert das dann erst, wenn der Kleine immer zu schreit? Ich weiß nicht, wie ich Maritz ins Bett bringen soll, während das Wunderbaby zu dieser Zeit seine Schreistunden pflegt. Maritz braucht Mama bei sich, kuschelnd. Und Mama braucht das auch. Das Wunderbaby mag nicht in die Trage. Es gibt also keine Lösung. Oder sehe ich sie nur nicht? Und das ist nur eins von vielen Dingen, die mir Sorgen machen, bei denen sich mein Magen umdreht und mir Tränen der Panik in die Augen schießen. Schwitzen tu ich dank der Hormone sowieso ganz schön… 

Oft lese ich hier rückwärts, um mich zu erinnern wie es bei Maritz war, um Kraft zu schöpfen aus dem Wissen, dass es vorbei geht. Aber ich finde keine derart verzweifelten Zeilen. 

Bleibt also nur, auf Weihnachten zu warten und auf Besserung zu hoffen. 

Einmal Hölle … Und wann zurück?

Okay, ja, das Wunderbaby ist erst eine Woche und zwei Tage alt, völlig logisch also, dass er noch keinen Rhythmus hat und überhaupt erst einmal auf dieser Welt ankommen muss. Aber wir fühlen uns wirklich etwas bestraft. Nicht mit dem Wunderbaby, um Gottes Willen, auch nicht mit Maritz – wie könnten wir uns mit zwei gesunden Kindern bestraft fühlen? Aber mit beider Kinder … „Schlaf“verhalten oder wie man es auch nennen mag. Ich kann mich ohnehin nicht erinnern, in den letzten 20 Monaten mal wirklich länger als fünf Stunden am Stück geschlafen zu haben, meist noch weniger. Die Batterien waren also bei der Geburt des Wunderbabys schon entsprechend leer. Aber das jetzt, das ist schon etwas wie Folter. 

Wir haben auch diesmal kein Glück – Abends braucht man hier Ohropax, das kleine Kind schreit wie am Spieß, und viel tun können wir nicht. Das kennen wir nun ja schon von Maritz, und könnten es sogar gut verkraften, wenn wir irgendwann mal schlafen dürften. Nebenher benötigt Maritz noch für jeden Schlaf stundenlange Einschlafbegleitung (wie soll ich das eigentlich machen wenn ich wieder alleine bin? Ein Kind schreit, eins will einschlafen…). So ohne Schlaf wird alles immer schwerer zu Händeln und die Nerven werden dünner. Wenn er sich also ausgeschrien hat und schläft, fallen wir auch ins Bett – das ist mal um 21, mal um 22, mal um 1 Uhr. Leider kommt er dann Nachts aus unerfindlichen Gründen alle zwei Stunden während es am Tage auch mal 3 Stunden sind. Bis ich wieder schlafe ist eine Stunde rum, und so komme ich an 30-60 Minuten Schlaf, wenn Maritz nicht dazwischen funkt. Tut er aber gerne. So kämpfen wir uns also durch die Nacht bis Maritz um 5/5:30 Uhr selbige auch noch für beendet erklärt. Geschlafen habe ich dann 2-3 Stunden, und diese nicht am Stück. Für mich ist dieser massive Schlafentzug die Hölle, und ich muss jeden Morgen bitterliche Tränen weinen. 

Ansonsten geht es allen gut. 

„… erst komm’n sie nicht, dann überfall’n sie dich …“ – Geburt

Dienstag, 26.7.2016 – ich habe akzeptiert, dass ich für immer schwanger sein werde. Morgen geht es wieder zum CTG, es hat sich noch NICHTS getan und der Befund ist geburtsunreif. Der Bauchzwerg ist extrem munter, und ich glaube nicht mehr daran, dass er irgendwie von ganz alleine auf die Idee kommt sich auf den Weg zu machen. Wir machen einen Großeinkauf, ich putze den gesamten Kühlschrank und freue mich wie sauber und ordentlich er danach ist. Es ist endlich nicht mehr so heiß und heute ist der erste Abend, an dem wir nicht alle total verklebt das Bedürfnis haben, einmal in die Wanne zu hüpfen. Irgendwie wird es Abends spät, und ich habe auch gar keine Lust mehr irgendwas in diese Richtung zu unternehmen. Nagut, ich hab mir schon das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt. Mein ungeduschtes Dasein verleitet mich zu ein paar Witzen „heute mal nicht geduscht – bestimmt kommt er jetzt!“ – hahaha. Wahrscheinlich hat er sich daraufhin so etwas gedacht wie: „Hach, Mama, wenn du wüsstest wie Recht du hast! Aber nun geht erstmal schön ins Bett, ich lass die Bombe später platzen …“. Um 20 Uhr jage ich mir mein Heparin in den Speck. Ein Fehler, wie ich später denke. Um 23 Uhr liege ich im Bett, und lese friedlich ein Buch, als die erste Wehe mich besucht. So ganz ernst nehme ich das noch nicht, und lese einfach weiter. Nebenbei tippe ich ein paar Nachrichten mit dem Handy, mein Mann schnarcht friedlich, der Große schlummert ebenfalls. Gegen Mitternacht wird es dann doch etwas seltsam …

Mittwoch, 27.7.2016 – ich fange an mich regelmäßig zu krümmen, und als ich begreife, dass es sich wirklich wahrhaftig um Wehen handelt wird mir etwas schlecht – oh nein, jetzt muss ich ein Kind auf die Welt bringen. Aber er soll raus, er darf raus, ich möchte dass er da raus kommt. Also löse ich als erstes den Knoten in meinem Kopf. Nicht krümmen, locker lassen, jede Wehe ist eine gute Wehe, eine Wehe die einmal da war kommt nie wieder, jede Wehe hilft. Wehenabstand: 3-5 Minuten. Ich tippe weiter Nachrichten mit dem Handy, meine liebe Freundin fordert mich auf meinen Mann zu wecken. Ich möchte erstmal duschen… Auf dem Weg zur Dusche entscheide ich mich um, und folge ihrem Rat. Dreimal muss ich ihn wecken, bis er den Ernst der Lage einigermaßen erkennt. Ich rufe meine Mama an, irgend jemand muss ja den Großen hüten. Sie hat kein Auto da, also schicke ich meinen Mann um sie abzuholen. Als er die Tür hinter sich zumacht, finde ich es schon etwas unheimlich so ganz alleine mit den Wehen, die ich schon veratmen muss, und Maritz. Also gehe ich ins Bad und wasche mich, ziehe mich um, mache mir die Haare und schminke mich. Irgendwas muss ich ja tun – die Kliniktasche steht bereit. Fünfzehn Minuten später sind Mann und Mama da, ich gebe ihr noch kurze Anweisungen für Maritz, schlucke einmal weil ich ihn einfach so mitten in der Nacht zurück lasse und wir machen uns zu Fuß auf den Weg in die Klinik. Ein Glück, dass die grauen Mülltonnen draußen stehen, so kann ich alle paar Meter diese fiesen Wehen veratmen. In meinem Kopf weiter das Mantra: Nicht krümmen, locker lassen, jede Wehe ist eine gute Wehe, eine Wehe die einmal da war kommt nie wieder, jede Wehe hilft. Um 1:50 Uhr klingel ich an der Kreißsaaltüre und sage „Hallo, hier ist die Frau eins, mein Kind möchte raus!“. Eine zuckersüße Hebamme öffnet uns die Tür, fragt zwei, drei Dinge und schlussfolgert: Da machen wir kein großes Tara mit Aufnahme und Wehenzimmer, ab in den Kreißsaal. In meinem Kopf daraufhin viele Fragezeichen. Und viele Ausrufezeichen!!!

Da sind wir also nach knappen 19 Monaten wieder in einem Kreißsaal. In einem anderen, in einer anderen Klinik, mit einer wunderbaren Hebamme. Muttermund 3-4 cm sagt sie, nur noch ein bisschen weit hinten, aber er liegt ja schon so tief, das sei großartig. Hä? Muttermund? Geht auf? Kind liegt tief? WANN IST DAS PASSIERT? Jetzt geht es Schlag auf Schlag, der Wehenabstand liegt nur noch bei einer knappen Minute, ich werd‘ kurz etwas verrückt und muss heulen. Schnell reiße ich mich zusammen, das Mantra wieder in den Kopf, nicht verkrampfen, weiter atmen. Puh. Ein Wehensturm sucht mich heim, bald verliere ich den Verstand, ganz bestimmt, ICH SCHAFFE DAS NICHT! Die Hebamme redet mit der Änasthesie, ob das mit der PDA nicht doch irgendwie geht. Es ist jetzt 3 Uhr. Der nette Herr kommt höchstpersönlich vorbei um mir zu berichten, dass ich das ohne PDA regeln muss. Er hat Mitleid mit mir, weil seine Nachricht mir ein paar Tränen beschert, spricht also nochmal mit seiner Kollegin. Bringt nix, sie sieht das genauso. Ich denke: OH GOTT! Das wird die Hölle, ich muss wieder einmal sterben, wie schon bei Maritz Geburt. Wie oft kann ein Mensch denn sterben? Dann ertönt die Stimme der Hebamme „Frau Eins, keine Panik, Sie schaffen das, er ist doch schon bald da!“ „Bald da? WIE BALD DA?“. Mich ereilt ein kleiner Panikanfall und ich denke schon an die Situation nach der Geburt: Wie ist das mit der Näherei, so ohne PDA? Dann wieder diese nette Stimme „Merken Sie denn einen Druck?“ „Ja, ja, JA verdammt, Druck, Schmerz, alles Scheiße, macht euren Mist alleine, ich mach das nicht!“ … sie tastet, ich möchte sie erschlagen, überlege es mir aber anders … „Doch, doch, das müssen Sie jetzt, der Kleine WILL DA JETZT RAUS! Ich rufe mal den Arzt zur Geburt.“ „Wäh? Geburt? Bin doch gerade erst angekommen, wir hatten besprochen, dass ich nach einer halben Stunde CTG nochmal auf Toilette gehe und so …“ „Bei der nächsten Wehe dürfen sie pressen!“ „Press…??“ Wehe kommt. Ich presse, habe keine PDA – was ein Glück, ich weiss GANZ genau wo ich hin pressen muss. Was für ein Gefühl, bei Maritz hatte ich keine Ahnung. Ich nehme nochmal alle meine Kratf zusammen, von der ich zum Glück diesmal noch genug habe, und folge konzentiert den Ansagen der Hebamme. Nach zwei Presswehen, in denen ich jeweils dreimal ordentlich presse, ist der Kopf gebohren. Himmelarschundzwirn, bitte, lieber Gott, schick mir die nächste Wehe, sonst verbrennt mir alles. Oder zerspringt, oder was auch immer. Gott sei Dank, sie kommt, ich presse.. einmal, zweimal, dreimal .. und.. fladderadatsch, unser Wunderbaby ist geboren! Sofort bekomme ich ihn auf den Bauch gelegt, er ist ganz warm, nass, glitschig und blau. Es ist 3.52 Uhr. Er quietscht, schreit aber gar nicht. Alles gut, versichern mir Arzt und Hebamme. Mein Mann darf unsere Verbindung trennen und kappt die Nabelschnur. Ich starre das kleine Bündel an, und … verstehe mal wieder überhaupt nix. Seufz, hallo, wo bleibt die Glockenmusik, der Konfettischauer, die Fanfaren, die überwältigende Liebe und so? Also, es geht uns nicht schlecht, die Stimmung ist prima, ich mache ein paar Scherze, wir filmen und fotografieren. Ich rede mit dem Wunderbaby, betrachte seine kleinen Finger, kühle meine Stirn mit einem kalten Waschlappen und bin glücklich, glücklich und stolz, es geschafft zu haben. Entschädigt für den ersten Geburtsalbtraum. Ich frage den lustigen Arzt, wieviel Metzgerarbeit wohl nötig sei. Er sagt, geht so, wir sollen erstmal schön kuscheln. Das Wunderbaby sucht, ich lege ihn an, die Hebamme schaut kurz und entschwindet gemeinsam mit dem Arzt. Irgendwann sind alle wieder da, ich werde genäht, das Wunderbaby gewogen und vermessen, ich darf in mein Bett umziehen und werde zusammen mit Mann und Kind in einen anderen, gemütlichen Raum gefahren, wo wir noch zwei Stunden gemeinsam verbringen dürfen, bevor wir auf Station gebracht werden.

„Es ist so ’ne Sache mit den Wundern,
erst komm’n sie nicht,
dann überfall’n sie dich.
Du brauchst dich nicht zu wundern,
Wunder fragen nicht, sie fragen nicht.“

Inzwischen sind wir zu Hause – zu viert! Die Situation ist … schwierig, dazu aber ein ander mal mehr, wenn mich die ganzen Hormone nicht mehr so im Griff haben, und ich diesen dämlichen Blues, der sich bei mir anscheinend immer sehr wohl fühlt, los bin. Eines steht fest: Mit dem Thema Geburt bin ich versöhnt, und darüber bin ich sehr glücklich. Und ich bin auch ein klitzekleinesriesiges bisschen stolz auf mich, ich hätte nicht gedacht, dass ich es schaffe, mich so auf die Geburt einzulassen und alles zu meistern. Diesen Beitrag habe ich mit Dauergeschrei im Ohr getippt, und bin jetzt wirklich müde. Das Geschrei hält aber noch an, also drückt mir die Daumen, dass wir bald alle schlafen können.

 

Jetzt aber mal raus da … (40+1)

… junger Mann! Ein kleines Lebenszeichen von uns: das Julibaby verweilt noch seelenruhig in meinem Bauch. Bisher macht er auch keinerlei Anstalten auszuziehen. Verrückt, Maritz war zu dem Zeitpunkt schon einen Monat alt! Ich bin wirklich glücklich dass es diesmal so gut lief, aber ich wäre auch nicht traurig, wenn er sich jetzt auf den Weg machen würde. Drückt die Daumen, noch ca. eine Woche bis zur Räumungsklage …